- Der „Benjamin-Franklin-Effekt“ ist ein psychologisches Phänomen, das erklärt, warum manche Menschen euch noch mehr mögen, wenn sie euch einen Gefallen getan haben.
- Der Effekt ist nach Benjamin Franklin benannt. Er nutzte ihn angeblich, um Leute für sich zu gewinnen, die ihn nicht mochten.
- Manche Forscher glauben, der Effekt könnte auf einer Form von kognitiver Dissonanz beruhen. Andere führen ihn auf die sogenannte „reziproke Zuneigung“ zurück.
Niemand fühlt sich gerne wie ein Schnorrer.
Deswegen kann es manchmal auch so unangenehm sein, jemanden um einen Gefallen zu bitten — sei es, den Lebenslauf zu korrigieren, auf den Hund aufzupassen oder 20 Euro zu leihen, weil ihr vergessen habt, dass man im Restaurant nur bar bezahlen kann.
Fühlt ihr euch dabei unwohl, weil ihr denkt, dass man euch deswegen nervig finden oder weniger mögen wird? Keine Sorge, das ist unbegründet. Es gibt nämlich ein psychologisches Phänomen — bekannt als „Benjamin-Franklin-Effekt“ — das erklärt, warum Menschen euch oftmals noch mehr mögen, wenn sie euch einen Gefallen getan haben.
Woher stammt der Benjamin-Franklin-Effekt?
David McRaney, Autor des Buches „You Are Not So Smart“, erklärte auf YouAreNotSoSmart.com, woher der Effekt seinen Namen hat. Vermeintlich hatte Benjamin Franklin mal einen Feind, den er als „Gentleman mit Reichtum und Bildung“ bezeichnete und der vermutlich zu einer einflussreichen Person in der Regierung werde würde.
Um ihn auf seine Seite zu ziehen, fragte Franklin ihn, ob er sich eines der Bücher aus seiner Bibliothek ausleihen könne. Der Mann fühlte sich geschmeichelt und lieh ihm das Buch. Franklin brachte es nach einer Woche zurück — mit einem Dankesbrief.
Das nächste Mal, dass sie sich begegneten, war der Mann außerordentlich freundlich. Sie blieben bis Franklins Tod Freunde.
Benjamin-Franklin-Effekt: Wir wollen die Menschen mögen, denen wir helfen
Belege dafür, dass der Benjamin-Franklin-Effekt tatsächlich wirken kann, fanden Psychologen im Jahr 1969. Im Rahmen ihrer klein angelegten Studie konnten Freiwillige Geld gewinnen. Einem Drittel von ihnen wurde im Anschluss daran von den Assistenten im Labor erzählt, dass die Abteilung für Psychologie für die Studie gezahlt und nun kein Geld mehr hatte, und sie wurden darum gebeten, das gewonnene Geld zurückzugeben.
Ein weiteres Drittel wurde vom dem Studienleiter selbst angesprochen, der sagte, er habe persönlich die Studie gezahlt und habe nun kein Geld mehr. Auch er bat die Teilnehmenden, ihm das Geld zu geben. Das letzte Drittel durfte das Geld einfach behalten.
Das interessante Ergebnis: Die Teilnehmenden mochten den Forscher am meisten, wenn sie ihn dem Gefallen tun konnten, ihm das Geld zurückzugeben. Am wenigsten mochten sie ihn dagegen, wenn sie das Geld behalten durften.
Daraus schlossen die Forscher, dass wir jemanden mehr mögen, wenn wir ihm oder ihr einen Gefallen tun. Die Forscher vermuten, dass der Benjamin-Franklin-Effekt auf kognitiver Dissonanz basiert: Es fällt uns schwer, mit uns zu vereinbaren, dass wir jemanden einem Gefallen tun und diese Person hassen — also nehmen wir an, dass wir sie mögen.
Wir nehmen an, dass uns Leute nach Hilfe fragen, weil sie unsere Freunde sein wollen
Eine andere Psychologin führte zu diesem Thema eine ähnliche, kleine Studie in den Vereinigten Staaten und Japan durch. In beiden Ländern mochten die Teilnehmenden andere Personen, die angeblich an der gleichen Aufgabe arbeiteten, mehr, wenn diese sie um Hilfe baten. Interessanterweise trat dieser Effekt nicht auf, wenn der Forscher sie aufforderte, dieser Person zu helfen.
Die Psychologin hinter der Studie, Yu Niiya von der Hosei University in Tokio, vermutet daher, dass der Benjamin-Franklin-Effekt keine Folge von kognitiver Dissonanz ist. Sie glaubt stattdessen, dass die Person, die um Hilfe gebeten wird, spüren kann, dass sich die Hilfe suchende Person mit ihr anfreunden will — und daher die positiven Gefühle gern erwidert.
Das Phänomen nennt sich „reziproke Zuneigung“ und beschreibt die Tendenz, Menschen zu mögen, die uns mögen. Das heißt: Ihr könnt Leute dazu bringen, euch zu mögen und euch einen Gefallen zu tun, wenn ihr ihnen vorher helft. Dieses Prinzip lässt sich in verschiedenen Situationen anwenden, zum Beispiel beim Dating oder am Arbeitsplatz.
Wir mögen Menschen, die uns mögen
Ein Team um Jerry M. Burger von der Santa Clara University führte 2007 drei Experimente durch, um herauszufinden, wie kleine gegenseitige Gefälligkeiten zu Freundschaften führen können. In einer Studie mit 105 Studenten fand er heraus, dass die Teilnehmenden mit höherer Wahrscheinlichkeit einer Bitte nachkamen (zum Beispiel einen Bleistift anzuspitzen), nachdem sie eine unerwartete Gefälligkeit bekommen hatten (zum Beispiel, wenn man ihnen eine kostenlose Flasche Wasser gebracht hatte).
Im Gespräch mit dem Harvard Business Review sagte Robert Cialdini, ein pensionierter Professor für Psychologie und Marketing von der Arizona State University, dass man die Person, die einem hilft, subtil daran erinnern kann, dass sie euch später im Gegenzug einen Gefallen tun kann. Anstatt zu sagen „kein Problem“ rät Cialdini dazu, etwas zu sagen wie „natürlich, das ist etwas, was Kollegen füreinander tun“.
Unabhängig von den genauen Mechanismen, die hinter dem Benjamin-Franklin-Effekt stecken, könnt ihr für euch mitnehmen, dass ihr euch nicht mehr so viele Gedanken machen solltet, wenn ihr jemanden um Hilfe bitten müsst. Tatsächlich könnt ihr eure Bitten sogar so formulieren, dass sie euch strategisch helfen — so, wie Franklin es einst tat.
Dieser Artikel erschien bei Business Insider bereits im Januar 2021. Er wurde nun erneut geprüft und aktualisiert.
Author: Brittany Jordan
Last Updated: 1702436403
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